Vereinsmitteilungen
Gedenkwand "All de duude Koulemänner"
Jeder tödlich verunglückte Schieferbrecher bleibt in Erinnerung
Verein zur Erhaltung der Schieferbergbaugeschichte installiert Gedenkwand zur Erinnerung an verunglückte Bergmänner im Kaulenbachtal – Letzter noch lebender Bergmann des Müllenbacher Dachschieferwerks enthüllt die Installation.
Vereinsvorsitzender Dieter Laux (links) und Hubert Klinkner, der letzte lebende Schieferbrecher des Müllenbacher Dachschieferwerks Mariaschacht, stossen nach der Enthüllung der Gedenkwand gemeinsam an. (Foto: Kazimierz Forys)
Ein neuer Anlaufpunkt für Wandergäste, aber auch ein Platz der Erinnerung für Angehörige verunglückter Schieferbrecher wurde am 1. Mai im Rahmen des jährlichen Vereinstreffens des Schiefervereins im Kaulenbachtal eingeweiht. Fast drei Jahrhunderte dauerte die Bergbaugeschichte der Schieferregion Kaulenbachtal an. Dass es für die Bergmänner die tief unten in den Stollen des Kaulenbachtals nach dem „schwarzen Gold“ der Eifel gruben nicht ungefährlich war, ist hin läufig bekannt. So wurden in der vorindustriellen Zeit sämtliche Schieferplatten bis zu einem Gewicht von unvorstellbaren 150 Kilogramm auf dem Rücken aus dem Stollen getragen. Der Schieferstaub, der die gefürchtete Silikose verursachte, die Arbeitsbedingungen der Männer, die in 12-Stundenschichten untertage waren, sowie die eben genannten schweren Steine die sie tragen mussten, führten häufig zum frühen Tod meist im Alter zwischen 45 und 50 Jahren. Somit wäre fast ein jeder der Schieferbrecher ein Opfer seines Berufs. Die nun von dem Vereinsvorsitzenden erdachte Gedenkwand geht jedoch nur auf die Unfallopfer ein, die während ihrer Arbeit in den Schieferstollen ums Leben kamen. Nachweislich waren es seit Beginn der Aufzeichnungen 46 Bergmänner, die im Kaulenbachtal ihr Leben lassen mussten. Für jeden von Ihnen hat der Vereinsvorsitzende und Hobbykünstler Dieter Laux eine Schieferplatte mit Namen, Geburts- und Sterbedatum graviert und an der Gedenkwand angebracht. Eine große Naturbruch-Platte, die sich oberhalb der Namensgravuren befindet, weist mit ihrer Inschrift „All de duude Koulemänner“ auf die Gedenkwand hin, die sich unmittelbar hinter dem neu erstellten Spalthaus auf der Herrenwiese im Kaulenbachtal befindet.
46 gravierte Schieferplatten erinnern an die tödlich verunglückten Schieferbrecher im Kaulenbachtal. Infotafeln geben die Kirchenbucheinträge des Pfarrers wieder, der teils in drastischen Worten auf jeden Unfall eingingen. (Foto: Kazimierz Forys)
Schrifttafeln geben Informationen über die Kirchenbuch-Einträge, die der jeweilige Pastor nach dem Unglück im Bergwerk eingetragen hat. Wahre Tragödien zeichnen sich innerhalb dieser Eintragungen ab. Die Sprache ist ungeschönt und geht auf die grausamen Unfälle in drastischen Worten ein. Hier einige Beispiele: Alleine im Jahre 1846 werden fünf tödliche Bergunfälle gemeldet. Der Markanteste: Am 27. Mai 1846 zieht sich Nikolaus Both schwerste Kopfverletzungen in der Grube zu. Bürgermeister Ziliken, Kaisersesch beschreibt den Unfall in einem Bericht: „Am 27. Mai 1846 ereignete sich in der Schiefergrube des Anton Walgenbach ein Unglück. Dabei wurde der Schieferbrecher Nikolaus Both lebensgefährlich verletzt. Both wurde aus der Grube in das Haus von Walgenbach auf der „Leyenkaulen etwa eine Stunde von Kaisersesch gelegen“ gebracht. Anton Walgenbach lief nach Kaisersesch, um geistlichen und ärztlichen Beistand zu rufen. Er ging davon aus, dass für den Arbeiter Both aus Masburg der Pfarrer in Kaisersesch verantwortlich wäre. Der Kaisersescher Pfarrer lehnte es jedoch ab, nach Leienkaul zu kommen. Both befinde sich zurzeit in der Pfarrei Müllenbach, für die nicht er, sondern der Pfarrer aus Alflen zuständig sei! Walgenbach lief nun von Kaisersesch nach Alflen. Inzwischen starb Nikolaus Both in Leienkaul, „ohne dass ihm geistlicher Trost gespendet werden konnte“.
Viele Vereinsmitglieder, aber auch Wandergäste im Kaulenbachtal besuchten das Vereinstreffen auf der Herrenwiese und die Enthüllung der Gedenkwand. (Foto: Kazimierz Forys)
Am 27. Juli 1856 „findet man den 21-jährigen Matthias Valerius aus Müllenbach zerschmettert in der Schiefergrube“. Am 23.September 1865 wird Nikolaus Steffes-en aus Müllenbach, 30 Jahre alt, Ehemann von Anna Barbara Bourgeois und Vater eines Kleinkindes „auf der Schiefergrube von Gesteinsmassen zermalmt“. „Ein grauenvoller Unfall ereignet sich am 08. September 1914 auf der Grube „Mariaschacht". „Nach der Mittagsschicht, etwa gegen 14 Uhr, verunglückt der Grubenaufseher Josef Mohr aus Laubach, ein Vater von 6 Kindern. Mohr fährt mit 4 anderen Bergleuten mit dem Förderkorb in den Schacht ein, von denen 3 aber auf der 3 Sohle den Förderkorb verlassen. Mohr will mit dem Bergmann Klasen aus Müllenbach in die 4 Sohle herab fahren, als plötzlich der Korb stehen bleibt. Klasen kriecht auf Händen und Füssen aus dem Korb und kann sich retten. Aber, da der Förderkorb nun leichter geworden ist, schleudert er einige Meter in die Höhe, dass Drahtseil reißt und der Korb stürzt ungehindert in die Tiefe. Josef Mohr wird bei dem Aufschlag zu einer unkenntlichen Masse zermalmt. Die Leichenteile werden zusammen gelesen und in ein Leinentuch eingenäht, sodann werden sie auf einem Leiterwagen mit Stroh bedeckt der leidgeprüften Gattin, die sich gerade auf einem Betgang nach Martental befand, zurückgebracht. Es ist, als habe die Frau eine böse Ahnung gehabt, denn sie wollte gar nicht haben, dass er an diesem Tage in die Grube geht, sondern beim Dreschen helfen soll. Er war ein nüchterner, braver und fleißiger Mann.“ Schreckliche Details, die jedoch die Gefährlichkeit der Arbeit in den Schieferbrüchen vermittelt.
Für Hubert Klinkner (mitte), hier im Gespräch mit Wolfgang Fröschen (rechts) und Dieter Laux, nach eigenem Bekunden ein unvergesslicher Nachmittag im Kaulenbachtal mit vielen schönen Gesprächen. Es war ihm eine besondere Ehre, die Gedenkwand enthüllen zu dürfen. (Foto: Kazimierz Forys)
Für die Enthüllung der Gedenkwand konnte der Verein mit Herrn Hubert Klinkner aus Leienkaul den letzten Bergmann des Müllenbacher Dachschieferwerks Mariaschacht gewinnen. Hubert Klinkner war überwältigt von der Ehre, gemeinsam mit dem Vereinsvorsitzenden die Gedenktafeln enthüllen zu dürfen. Der 88-jährige ehemalige Hauer war sichtlich gerührt, als die vielen Gäste, die der Enthüllung beiwohnten, ihren Beifall zollten. Bei einem kühlen Bier und Essen vom Grill verbrachte man gemeinsam mit dutzenden Wandergästen die an diesem Tage im Kaulenbachtal unterwegs waren und am Spalthaus Rast machten „einen unvergesslichen Nachmittag“ wie es Hubert Klinkner formulierte.