Geschichte der Umgebung

Diebe, Räuber und Mörder im Eifel-Mosel-Hunsrück-Raum

 Von Werner Schumacher, Kaisersesch
 
Verbrechen und Verbrecher sind keine Erscheinungen unserer Zeit, auch unsere Vorfahren waren staendig mit Kriminalfaellen konfrontiert.

Bis zur Besetzung des linksrheinischen Gebietes durch Napoleon um die Jahrhundertwende vom 18. zum 19. Jahrhundert und der folgenden Eingliederung in Preussen, wurden die Verbrecher durch verworrenen Hoheits- und Gerichtsverhaeltnisse beguenstigt, die es mit sich brachten, dass oft der naechste Nachbarort zu einem anderen Herren bzw. anderen Gericht gehoerte und sich die Verbrecher ohne grosse Probleme einer Festnahme und Verurteilung entziehen konnten weil sie sich einfach in einen anderen Gerichtsbezirk absetzten. Amtshilfe gab es kaum, da die Herrschaften sich meistens gerade ueber die Gerichtskompetenzen stritten.

Zwar hatten unsere Vorfahren recht brauchbare Ortsrechte entwickelt, die das Zusammenleben innerhalb der Ortsgemeinschaft regelten, kam allerdings die Bedrohung von aussen und sogar von organisierten Banden, waren sie meist nicht in der Lage sich zu wehren. Die jeweilige Obrigkeit war in der Regel mit ihren Kleinkriegen und privaten Fehden zu beschaeftigt, um ihren Untertanen wirksame Hilfe geben zu koennen.

Gerade aber waehrend und unmittelbar nach diesen kleineren und groesseren Kriegen bluehte das Verbrechertum. Die Bevoelkerung war durch den Krieg ausgelaugt, litt meist Hunger und das was ihnen der Krieg noch uebrig gelassen hatten nahmen sich jetzt diese Parasiten des Krieges.

Selbstverstaendlich gehoerte auch der Schinderhannes mit seiner Bande, die vornehmlich im Hunsrueck ihre Untaten trieb in die Kriminalgeschichte unserer Heimat. Ich glaube aber, dass einmal die Geschichte des Schinderhannes und der dazu gehoerenden Legenden- und Sagenbildung zu umfangreich fuer diesen Aufsatz ist und zum zweiten, dass diese so weit bekannt sind, dass auch einmal die nicht ebenso "populaeren Heimatgangster" wieder ins Gedaechtnis zurueckgerufen werden sollten.

Auch bei den folgenden Schilderungen laesst es sich nicht vermeiden, dass sich die Tatsachen mit den im Laufe der Jahrhunderte gebildeten Sagenbildung vermischen. Eine korrekte Ausfilterung von Tatsache und Legende scheint mir allerdings kaum mehr moeglich.

Als Quellen dienten mir die bisher zu dem Themenkomplex veroeffentlichten Beitraege in der Heimatbeilage der Rhein-Zeitung, die ich in den Fussnoten mit Autor und Erscheinungs-MM/JJ nenne.

Ich versuche die Ereignisse chronologisch zu schildern:

Ritter Johann Lutter von Cobern-Weiss (Moselweiss)

Es war die Zeit des "ewigen Landfriedens", 1536. Ritter, die bisher nichts anderes als das Kriegshandwerk gelernt hatten, waren "arbeitslos". Aus vielen Rittern wurden Raubritter, die jetzt die in den Kaempfen erworbenen Faehigkeiten an reisenden Kaufleuten ausuebten.

1532 hatte Kaiser Karl V. die "Peinliche Halsgerichtsordnung", die nach ihm "Carolina" genannt wurde, ein fuer das gesamte Deutsche Reich einheitlich geltendes Straf- und Prozessrecht erlassen. Aufgrund dieser Gesetzes wurden jetzt auch die Raubritter verfolgt und abgeurteilt. Ueber die Festnahme des Ritters Johann Lutter von Cobern wird berichtet: "Am Sonntag Jubilate 1536 (7. Mai) geschah es, dass Einwohner von Gillenbeuren meldeten, dass seit Stunden zwei Maenner am Calborn auf der Cochem-Martentaler-Strasse zwischen Gevenich und Gillenbeuren in den Hecken lagen. Gegen Abend kamen diese Maenner ins Dorf und erkundigten sich nach dem Weg nach Wollmerath, dem sie aber dann nicht folgten. Man erinnerte sich an einen Befehl des Kurfuersten und bewaffnete acht Maenner um die Verdaechtigen zu ergreifen, was auch gelang. Nach dem sie eine Nacht bewacht im Dorf festgehalten wurden, ueberstellte man sie am naechsten Tag dem Amtmann Joerg von der Leyen in Cochem. Die Festgenommenen wurden als Ritter Johann Lutter von Kobern und sein Spiessgeselle Friedrich Weissgerber identifiziert. Weissgerber wurde noch in Cochem gefoltert und "durch den Scharfrichter dreimal aufgezogen" (sog. Flaschenzug), er gestand, man habe einen Koelner Kaufmann ueberfallen wollen um ihn zu berauben. Auf kurfuerstliche Anordnung erfolgte die Ueberstellung nach Koblenz, dort stellte sie Amtmann Gerlach Schilling unter Anklage. Hier wurde auch Ritter Johann mindestens dreimal gefoltert und es wurde angeordnet: "Wenn er wider kalt geworden, weiter mit handeln".

Weil das Koblenzer Gericht bezueglich der Anwendung der relativ neuen Carolina Auslegungsprobleme hatte und weil es sich schliesslich bei dem einen Angeklagten um einen Ritter handelte, verzoegerte sich der Prozess. Schliesslich wurde aber die Todesstrafe ausgesprochen, obwohl durch die Festnahme der Ueberfall auf den Kaufmann nicht zur Ausfuehrung kam. Das Gericht entschied: "Die Absicht zur Tat, zu deren Ausfuehrung nicht der Wille, sondern nur die Gelegenheit gefehlt habe, sei der Tat gleichzusetzen.

Oliver Tempel

Oliver Tempel war ein niederlaendischer Unterfuehrer waehrend des spanisch-niederlaendischen Religionskrieges, der mit seinen an Mord und Pluenderungen gewoehnten Scharen 1590/91 im Rheinland reiche Beute machen wollte. Mit seinen 800 Soeldnern, denen sich noch manch anderes Gesindel angeschlossen hatten, pluenderte er Bonn und Andernach und steckte anschliessend diese Staedte in Brand. Mordend und pluendert zog die Horde ueber das Maifeld und nach dem sich die Stadt Muenstermaifeld durch Zahlung eines erheblichen Geldbetrages von der Brandschatzung freigekauft hatte, ging's ins Moseltal nach Karden. Hier war das grosse Herrenstift und man erwartete dort neben den Kirchenschaetzen auch gefuellte Keller und Speicher. Die geistlichen Herren und die Nonnen in den Klausen hatten sich jedoch mit den Schaetzen der Kirche und mit allem was sie mitnehmen konnten, in Verstecke und auf feste Burgen gefluechtet. Darunter zu Leiden hatten die Bevoelkerung Kardens, denn hier hielt man sich schadlos.

Karden wurde von den Freischaerlern befestigt und diente nun als Ausgangspunkt fuer die weiteren Raubzuege. Die umliegenden Orte, konnten sich entweder durch die Zahlung eines hohen Geldbetrages frei kaufen und wurden verschont oder, wenn ein Dorf die Erpressungssumme verweigerte, wurde es gepluendert und anschliessend angezuendet. Klotten wurde aufgefordert sich mit der Zahlung von 2.300 Talern an Tempel freizukaufen. Die Klottener hatten jedoch in der Zwischenzeit um den Ort Schanzen zur Verteidigung gebaut und liessen den Botschafter des Tempel wissen: "Tempel solle sich sein Geld selber holen". Tempel schwor daraufhin Klotten dem Erdboden gleich zu machen und an den Bewohnern furchtbare Rache zu nehmen.

Waehrend des Kampfes konnten die Klottener den Raeuberhauptmann in eine Falle locken und toeten. Die uebrige, nun fuehrerlos gewordene Rotte ergriff die Flucht. Der Aufstand der Klottener machte in den anderen Doerfern Schule und schliesslich konnte die Bande aus der Moselgegend vertrieben werden.

Karden war jedoch waehrend des Aufenthaltes der "Tempel-Bande" so verarmt, dass sich der Heimburge (Buergermeister) 1592 gezwungen sah, gemeindeeigenes Land zur Linderung der groessten Not zu verkaufen.

Die Klottener Schanzen wurden Ende des 18. Jahrhunderts von der napoleonischen Armee zerstoert.


Kirchendiebstaehle im 18. Jahrhundert

Zeitberichte nach 1720 kuenden von haeufigen Einbruechen und Diebstaehlen in Kirchen, in denen vor allem die Kultgegenstaende gestohlen oder beschaedigt wurden, die Edelmetalle enthielten. Das Moseltal erlebte damals staendige Truppendurchmaersche, Kriegsnot und Besetzung durch die Truppen Ludwig XIV., denen man auch diese Diebstaehle zuschrieb. Bei den Ermittlungen ergaben sich jedoch oft Anhaltspunkte, dass sie von Umherziehenden veruebt wurden, die die Not aus ihrem Heimatort auf den Moselhoehen getrieben hatte und die als Wandergewerbetreibende vor allem nach harten langen Wintern durch das Moseltal zogen.

In der "Carolina" ist die Strafe fuer Kirchendiebstahl eingehend geregelt. Die Strafe ist verschieden, je nachdem ob der Dieb geweihte oder ungeweihte Sachen gestohlen und/oder ob er den Diebstahl an einem geweihten oder ungeweihten Ort durchgefuehrt hat. Der Feuertod bei lebendigem Leibe, die schwerste und schmachvollste Todesstrafe ist nur fuer den Diebstahl von "Monstranzen" angeordnet, "da das heylig Sacrament des Altars in ist". Eine Trierer Chronik berichtet: "Den 22. August 1731 ist ein Mann von Mayen wegen veruebten vielfaeltigen Kirchenraeubereien jenseits der Bruecken, ohnweit dem Euren-Gericht, lebendig verbrannt, sein Weib dreimal um den Scheiterhaufen gepeitschet worden und seine drei hinterlassenen Kinder haben diesem erschrecklichen Spektakul zuschauen muessen."

1733 wurden in der "Salvator-Mundi-Kapelle" in Ernst drei silberne Kelche, der Speisekelch, mehrere kleinere Gefaesse und die Alba (weisses Priesterkleid) gestohlen. Die geweihten Hostien und Oele schuettete man aus.

1770 stahl man aus der Pfarrkirche St. Martin in Cochem "viele silberne und versilberte Sachen" und eine Muttergottes-Statue mit Zepter und Krone, vier Engeln, einen Ring, einen Rosenkranz und Kreuzchen, alles aus Silber oder Gold bzw. versilbert oder vergoldet. Der Dieb, der aus Welling /Maifeld stammte und in Klotten wohnte, wurde in Karden festgenommen.

Der "Alte Doerfer" aus Peterswald

In der zweiten Haelfte des 18. Jahrhunderts trieb sich im Raum Blankenrath "etliches liederliches Gesindel" herum. Das Gebiet war deshalb bei den "lichtscheuen" Gesellen so beliebt, weil die Gefahr hier ergriffen und verurteilt zu werden relativ gering war, denn besonders hier wirkte sich die Konkurrenz zwischen den Hoheits- und Gerichtsherren Kurtrier, Beilstein und Sponheim auf die Rechtspflege negativ aus. Die Voegte der einzelnen Gerichtsherren wagten sich z.B. nicht einem Rechtsbrecher auf das Gebiet einer anderen Herrschaft zu folgen und dort festzunehmen. Die Beilsteiner Grafen, die sich im Besitz der Territorial- und Gerichtshoheit waehnten, hatten zwar ihren Untertanen verboten "solch Gesindel" zu beherbergen und fuehrten auch in den Orten um Blankenrath regelmaessige Ortsstreifen und Hausdurchsuchungen durch, aber keiner der Buerger haette es gewagt, einem dieser Verbrecher den verlangten Unterschlupf zu verweigern, denn das haette ihn wahrscheinlich das Leben gekostet.

Ein bekannte und beruechtigter Dieb war der "alte Doerfer" aus Peterswald, der oft bei einer Witwe in "Gehampittersch-Haus" in Blankenrath Unterschlupf fand, was der Obrigkeit bekannt war. Zwei Blankenrather Schoeffen ueberredeten die "Gastgeberin" dem "Doerfer" bei seinem naechsten Besuch einen "besonderen" Zucker in den Kaffee zu tun, der ihn zur Besserung bewegen wuerde. Es handelte sich dabei natuerlich um ein Schlafmittel und der "alte Doerfer" wurden gefangen und nach Beilstein ueberstellt. In den Beilsteiner Gerichtsakten heisst es: "1764 ist Johann Doerfer von Peterswald von dem Gerichtsausschuss Blankenrath ergriffen und nach Inquisition zu Beilstein enthauptet worden."

Diebesbande in Driesch festgenommen

Ende 1760 nahmen die Gemeinden Lutzerath und Driesch eine Diebesbande von 14 "Verdaechtigen manspersonen" fest, die teils im Rathaus von Driesch teils in einem Wirtshaus "verwahrlich" untergebracht wurden.

Das Verhoer der Inhaftierten, darunter einigen Juden, dauerte mehrere Tage. Trotzdem kam dabei nicht viel heraus, weil die Vertreter des Gerichtes die Geschichten, welche die Verhoerten erzaehlten, kaum widerlegen konnten. Die meisten Verhoerten gaben sich nicht als zusammenhaengende Gruppe u erkennen, sondern sie behaupteten, sich erst kurz vor der Verhaftung kennen gelernt zu haben. Sie sagten aus, geschaeftlich unterwegs zu sein oder zu reisen, wobei immer wieder die Staedtenamen Frankfurt, Metz, Koblenz und Trier genannt wurden. Der Jude Moyses Jacob verwies auf eine "judenherberg" in Mayen. Unter den Verhafteten war ein Wasenmeister Johann Peter Kipper aus Koeln, der eine Pistole mit sich gefuehrt hatte. Als Grund fuer diese Pistole gab er an, dass es "gebraeuchlich waere, dass ein wasenmeister ein jegliches fallendes pferd sogleich Vor den Kopf schiessen doerffe". Die Verdaechtigen wurden 1761 nach Trier ueberstellt.

Eifel-Mosel-Banden

Als das linksrheinische Gebiet durch die Truppen Napoleons I. besetzt wurde, flohen viele deutsche Beamte aus diesem Gebiet. Die Folge war, dass zunaechst einmal der Zustand der Gesetzlosigkeit und militaerischer Willkuer eintrat, in dem sich Raeuberbanden bilden konnten, wie das nach den meisten Kriegen der Fall ist. Neben der Schinderhannesbande, die meist im Hunsrueck operierte, waren das in der Eifel und an der Mosel die "Moselbande" und die "Eifelbande".

Die Moselbande war in im Raume Bad Bertrich - Kondelwald, die Eifelbande im Bezirk um Mayen "taetig".

Die Moselbande traf sich in ihren ersten Zusammenkuenften auf dem Trautzberger Hof bei Strohn, wo Johann Jakob Kraemer "Iltis-Jakob" genannt, einige Zeit als Jaeger taetig war und deshalb die Gegend vorzueglich kannte.

Der Schmied Johann Sebastian Nikolai aus Krinkhof bei Bad Bertrich war der Kopf der Bande, der durch Erkundungen die Ziele der Raubzuege festlegte und die Plaene dafuer entwarf. Weitere Mitglieder der Bande waren Christian Hochscheidt aus Briedel, der als Knecht auf der Reiler Muehle arbeitete, Johann Schiffmann aus Reil, den man den "Tuchhannes" nannte, Nikolaus Dahm aus Ellenz, Lorenz Guenter, ein ehemaliger Pferdedieb, Nikolaus Schwarz, ein Bettler und Landstreicher, die Brueder Heinrich und Peter Ernst Simonis, beide Schuhmacher aus Kinderbeuren und Matthias Dahm mit seiner Geliebten, Margarete Laukens. Ausserdem gehoerte noch Richard Bruttig dazu, wohl der grausamste, skrupelloseste der Bande, dabei aber aalglatte Metzger aus Bad Bertrich.

Ein polnischer Landsmann, Johann Esuk der ebenfalls zur Moselbande gehoerte, hatte sich zusammen mit seinem Freund Niklas Schwarz, nach einem Streit mit Richard Bruttig von dieser getrennt und "gruendete" unter seiner Fuehrung die "Eifelbande".

Mord auf der Sprinkersmuehle bei Bad Bertrich

Am 7. Fructidor 1796 (24.8.) wurde der Mueller Krones von der Sprinkersmuehle bei Bad Bertrich zusammen mit seiner Familie ermordet. Im Amtsprotokoll ist dazu vermerkt: "In Begleitung zweier Aerzte begab sich der Friedensrichter von Manderscheid an den Tatort. In bestialischer Weise ermordet fand man die Angehoerigen der ehrbaren Muellersfamilie. Gleich in der Unterstube fand man die Muellerin ueber eine Backmulde ausgestreckt. Daneben lag der Mueller mit vier Kopfwunden. Der siebenjaehrige Knabe lag tot im Bett. In der Oberstube wurde die 23jaehrige Tochter tot aufgefunden, ihren 17jaehrigen Bruder hatten die Moerder in der Dachkammer schlafend vorgefunden und durch einen Schlag auf den Kopf lebensgefaehrlich verletzt. Der Tat verdaechtigt wurden Johann Schiffmann "der Tuchhannes". Johann Jakob Kraemer, der "Iltis Jakob" und Richard Bruttig.

Bandenmitglied ermordet

Nach einem Streit mit dem Richard Bruttig in dessen Haus fand man am naechsten Tag in der Naehe von Bad Bertrich in einem Gebuesch versteckt, die nackte Leiche des Bandemitgliedes Theodor Mangel aus Waldkoenigen. Mangel hatte sich durch unvorsichtige verdeckte Drohungen, der Rache seiner Kumpane ausgesetzt. Zusaetzlich verdaechtigte ihn Bruttig, ein Verhaeltnisse mit dessen Ehefrau zu haben.

Ueberfall auf die Lieger Muehle

In der Nacht zum 12. Maerz 1798 wurde die Lieger Muehle ueberfallen. Der Mueller, Martin Hornig, versteckte seine Angehoerigen und versuchte, da sein Gewehr versagte, sich mit Holzscheitern und Eisenstangen zu wehren. Erbost ueber die Gegenwehr entzuendeten die Raeuber mit einer brennenden Fackel den Stall, der, ebenso wie das Dach der Muehle, abbrannte. Dem Mueller gelang es schliesslich doch einen Schuss abzugeben, was die Taeter veranlasste sich kurz zurueckzuziehen. In dieser Zeit konnte der Mueller nach Lieg entkommen und dort die Brandglocke laeuten. Zusammen mit den Maennern aus Lieg zurueck zur Muehle stellte man fest, dass die Brandschatzer den Ort verlassen und alles mit sich genommen hatten, was ihnen in die Haende fiel. Unter Fuehrung des Friedensrichters Adams aus Lutzerath begann nun eine grosse Fahndungsaktion, die nacheinander zur Festnahme der Taeter fuehrte.

Esuk, der in der Naehe von Kell festgesetzt wurde, verriet unter der Folter das Versteck seiner Bande, die dann dort festgenommen werden konnte.

Richard Bruttig, Johann Jakob Kraemer, Nikolaus Dahm, Johann Esuk, Nikolaus Schwarz und Heinrich Simonis starben am 16. Jan. 1800 (andere Angabe: 17. Dez. 1799 vielleicht Urteilsdatum?) unter der Guillotine. Sechs weitere Angeklagte wurden zu Galeerenstrafen verurteilt, einer frei gesprochen. Christian Hochscheidt, dem es zunaechst gelungen war, aus dem Gefaengnis in Koblenz auszubrechen wurde ebenfalls wieder gefasst und am 10. Aug. 1800 hingerichtet. Hochscheidt hatte in seinem Gestaendnis den Johann Sebastian Nikolai aus Krinkhof so schwer belastet, dass dieser ebenfalls festgenommen und am 3. Aug. 1801 hingerichtet wurde.

Der Rote Christian auf dem Hunsrueck

In der Neujahrsnacht 1813/14 hatte Bluecher bei Kaub den Rhein ueberquert und verfolgte die in Russland geschlagene Armee Napoleons I.

Napoleon hatte waehrend der Besatzung des linksrheinischen Gebietes unter der einheimischen Bevoelkerung in erheblichen Umfange Zwangsrekrutierungen durchgefuehrt, so dass auch viele Maenner, die hier ihre Heimat hatten, den Rueckzugstruppen angehoerten.

Diese Soldaten, von denen die meisten nicht freiwillig unter der franzoesischen Fahne dienten, hatten verstaendlicherweise weder Interesse daran auf dem Rueckzug zu fallen, noch mit den Franzosen nach Frankreich zu ziehen.

Ihre Heimatorte lagen in der Naehe und sie entzogen sich durch "Fahnenflucht" der Truppe Frankreichs.

In diesen Tagen tauchte ein Mann auf, der als Huene von Gestalt, mit rotem Haar und Bart geschildert wurde. Seine Herkunft war nicht bekannt, man nannte ihn den "Roten Christian".

Diese "Rote Christian" war ein typischer Kriegsparasit. Obwohl die "Fahnenfluechtigen" kaum mehr als das hatten, was sie auf dem Leibe trugen, spezialisierte sich der Raeuber darauf, gerade diese Maenner zu ueberfallen und auszurauben.

Die Alfler Bande

Der Eifelort Alflen diente von Oktober bis Dezember 1817 als Schlupfwinkel einer neunkoepfigen Raeuberbande, die sich auf die Ausraubung von Pfarrhaeusern und reicher Juden spezialisiert hatte. Bandenfuehrer war Philipp Herres aus Bettenfeld, der mit Niklas Becker und Heinrich Peters, die aus Strotzbuesch stammten, zusammen in einem Haus wohnte.

Nach dem man am 21. November 1817 den Pfarrer von Kaifenheim ermordet gefunden hatte und kurz darauf die Pfarrhaeuser in Landkern und Urschmitt heimgesucht wurden, erfolgte eine Grossfahndung. Am 5. Dezember 1817 wurden in Alflen fuenf Bandenmitglieder festgenommen, drei weitere fasste man im Waldgebiet Hochpochten. Niclas Becker, der sich der Festnahme entziehen konnte und fluechtig war, liess Buergermeister Theisen in Lutzerath steckbrieflich suchen. Er wurde am 13. Sept. 1818 in Saarbruecken verhaftet.

Der "Stumpfarm"

Der wohl bekannteste Moerder des Gebietes der Vordereifel war Johann Wilhelm Mayer, 1886 in Uersfeld geboren und wegen des Fehlens des linken Unterarmes "Stumpfarm" genannt. Stumpfarm hatte in Reudelsterz, Weiler, Beuren, Laubach, Masburg und Eulgem als Knecht gearbeitet und war deshalb in den Doerfern bekannt, ebenso wie er die Gegend genau kannte.

Etwa 1916 hatte er mit aller Rechtsordnung gebrochen, trieb sich vornehmlich in den Waeldern herum und ernaehrte sich von Wildfang und Diebereien. Er war erheblich vorbestraft u.a. wegen Jagdvergehen, Koerperverletzung, Sachbeschaedigung, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Hausfriedensbruch, oeffentlicher Beleidigung und Diebstahl.

Stumpfarm mordete nicht wahllos sondern beseitigte zielstrebig die Mitwisser seiner Untaten, seine "Freunde" und Kumpane, sowie die Frauen, zu denen er ein Verhaeltnis unterhielt. Bei diesen Morden ging er mit aeusserst gemeiner Hinterliste und erschreckender Rohheit vor, so trennte er z.B. seinen Opfer Koepfe und Gliedmassen ab und legte diese zu den toten Koerpern der anderen Opfer.

Hier die Bilanz seiner Morde:

Zwischen dem 18. und 24. Maerz 1918 wurde die Maria Dahm aus Mayen, eine Geliebte des Stumpfarmes im Stadtwald von Mayen ermordet-

Im Februar 1919 im Wald bei Masburg, die Maria Falk, ebenfalls eine Geliebte des Stumpfarm.

Am 30. Maerz 1919 ermordete er den Nikolaus Schueller aus Kalenborn im Wald bei Mannebach und am 26. April 1919 den Lorenz Reuter aus Masburg ebenfalls im Wald zwischen Boos und Mannebach.

Seit Mai 1919 war Katharina Forst aus Mannebach, mit der er ein Verhaeltnisse hatte, verschwunden. Ihre Leiche fand man mehr als ein Jahr spaeter im Wald bei Illerich.

Stumpfarm wurde seit 9.7.1919 steckbrieflich gesucht und am 10. August 1919 in der Naehe von Eulgem gefasst.

In einem Indizienprozess, er selbst hatte die Morde nie zugegeben, wurde er am 7. Febr. 1923 vor dem Schwurgericht in Koblenz wegen vierfachen Mordes und einem Totschlag zum Tode verurteilt. Die Hinrichtung erfolgte am 29. Dezember 1923 im Koelner Gefaengnis "Klingelpuetz" durch die Guillotine.

Quellen:
1.Heimatbeilagen der Rheinzeitung: Froelich, Alois 1/55; Hoffmann, Josef 3/55; Schober, Robert 9/57; Schaefgen, Dr. Heinz 9/58, 10/58; Reichenbach, A. 1/59; Schmitz, Heinrich 1/60; Geisen, Werner 3/60; Becker, Dr. W. 6/61; Haeser, Hans 8/64, 11/64; Fisenne, Dr. Otto von 4/65; Schweigerer, Peter 1/75; Muenster, Otto 7/77
2. Buerger, Udo in "Henker, Schinder & Ganoven" mit frdl. Genehmigung des Helios-Verlages, Aachen
3. Schumacher, Werner in Chronik von Eulgem (nach Ferber, Franz-Josef, Daun)

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